Beratungsvergütung fürs Zuhören

Frage eines Kunden: Kann ich denn etwas berechnen, wenn der Mandant zu mir in die Kanzlei kommt und mir den Sachverhalt schildert und noch bevor ich ihn beraten kann, erhält er einen Anruf und die Sache ist erledigt?

 

Antwort: Ja, Sie erhalten die Beratungsgebühr bereits für die Informationsaufnahme, d. h. für die erste Tätigkeit, die Sie bezüglich dieses Beratungsauftrages tätigen.1 Natürlich müssen Sie § 14 RVG berücksichtigen, denn gerade durch den nicht vorhandenen Umfang oder die Schwierigkeit sollten Sie die Gebühr im unteren Bereich ansetzen. Ich persönlich würde jedoch in einem solchen Fall nichts abrechnen, den Mandanten aber sehr wohl darauf hinweisen, dass mir laut Gesetz etwas zustünde. Meine Begründung für die Nullabrechnung gegenüber dem Mandanten würde lauten: "Lieber Mandant, ich rechne fest damit, dass Sie durch meine Kulanz bald wieder mit einer anderen Sache zu mir kommen und mich zudem weiterempfehlen. Und sagen Sie's niemandem weiter, dass ich heute nichts berechnet habe." Ich glaube, jeder von uns würde lieber zu einem Anwalt gehen, bei dem er nicht schon fürs "Mundaufmachen" bezahlen muss. Am Ende müssen Sie das jedoch selbst entscheiden. 

 

Der Gesetzgeber hat den Rechtsanwälten durch § 34 RVG im Bereich der außergerichtlichen Beratung den Preiswettbewerb eröffnet. Dem Rechtsanwalt steht es frei, nach Maßgabe des § 4 RVG eine von den gesetzlichen Gebühren und damit eine von § 14 RVG abweichende Honorarvereinbarung zu treffen. Im Übrigen: Nichts anderes geschieht bei einer Versteigerung von Beratungsleistungen, weil das abgegebene Höchstgebot zu einer Honorarvereinbarung führt, die allenfalls noch der Schriftform bedarf.2

 

Es verstößt nicht gegen das Verbot der Unterschreitung gesetzlicher Gebühren, wenn der Anwalt 20 EUR inkl. USt. für eine außergerichtliche Beratung nimmt.3

 

Zuvor hatten sich das OLG Hamm4 und das LG Ravensburg5 gegen eine Unterschreitung von 20 EUR bis 50 EUR ausgesprochen.

 

 

» Rechtsprechung dazu:

1Hartmann, Kostengesetze, § 20 BRAGO, Rn. 9
2BVerfG, Beschluss vom 19.2.2008, AZ: 1 BvR 1886/06
3OLG Stuttgart, Urteil vom 28.12.2006, AZ: 2 U 134/06
4OLG Hamm, Urteil vom 3.8.2004, AZ: 4 U 94/04
5LG Ravensburg, Urteil vom 28.7.2006, AZ: 8 O 89/06 KfH, AGS 9/2006, S. 419